Cauca/Kolumbien: Schwerer Angriff auf das Indigene Selbstverwaltungsgebiet Toribío

24.3.2024
 

Am 16. März 2024 wurde bei einem Angriff im Indigenen Selbstverwaltungsgebiet Toribío die 52-jährige Carmelina Yule Paví von Mitgliedern der bewaffneten Gruppe Columna Dagoberto Ramos erschossen. Rodrigo UI Musicué und Edgar Tumiñá wurden durch Schüsse verletzt.

Carmelina Yule Paví war gewählte Vorsteherin ihrer Ortschaft und Koordinatorin der Frauen-Organisierung des Selbstverteidigungsgebietes. In einem Interview mit „I-Radia“ sagte sie vor einem Jahr: „Wenn man Indigene ist, erleidet man viele Misshandlungen durch die Bedrohung der bewaffneten Gruppen. Aber selbst wenn sie einen selbst oder ein anderes Gemeindemitglied töten können, ist es notwendig raus zu gehen und für die Gemeinde einzustehen – ohne Angst! Mit diesem bastón [traditioneller Stab der indigenen Amtsträger*innen] in der Hand sterbe ich reinen Herzens.“

Carmelina, Rodrigo und Edgar waren zum Zeitpunkt des Angriffs als Guardia Indígena aktiv – dem unbewaffneter Selbstschutzmechanismus der indigene Gemeinden im Cauca – und an einer Suchaktion nach einem 16-jährigen Gemeindemitglied beteiligt. Der Schüler war zuvor von einem bewaffneten Kommando entführt worden. Einer Gruppe von Gemeindemitgliedern um Carmelina gelang es, dass Kommando zu stellen, den Jungen zu befreien und zwei hochrangige Mitglieder der Columna Dagoberto Ramos festzusetzen. Doch kurze Zeit später wurden sie ohne Vorwarnung von einem anderen Kommando der Columna mit Schusswaffen angegriffen. Carmelina erlitt schwere Verletzungen im Gesicht und erlag diesen wenig später. Auch der Konvoi mit ihrem Leichnam wurde am Tag darauf von der bewaffneten Gruppe beschossen.

Das Selbstverwaltungsgebiet Toribío liegt im Norden des Cauca und hat rund 7.000 Einwohner*innen. Es ist im Consejo Regional Indígena del Cauca (Indigener Regionalrat des Cauca, CRIC) organisiert. Die Kaffeeproduzent*innen-Gruppe der Gemeinde ist Teil der Kooperative CENCOIC, von der wir Kaffee beziehen. Bei unserer Besuchsreise 2018 haben wir das Selbstverwaltungsgebiet besucht.

Die Columna Dagoberto Ramos entstand 2018 aus Mitgliedern der ehemaligen FARC-Guerilla. Trotz revolutionärer Rhetorik ist ihr Hauptbetätigungsfeld die Drogen- und Gewaltwirtschaft. Sie versucht, die widerständigen indigenen Gemeinden des Cauca einzuschüchtern und unter ihre Kontrolle zu bringen. Immer wieder greifen Kommandos der Gruppe Gemeinden an, töten Mitglieder der Guardia Indígena oder Amtsträger*innen. Im Oktober 2019 ermordeten die Columna im Selbstverwaltungsgebiet Tacueyó das Ratsmitglied Cristina Bautista sowie vier Mitglieder der Guardia Indígena. Außerdem sind sie verantwortlich für die Zwangsrekrutierungen von Jugendliche aus indigenen Gemeinden.

In ihren Stellungnahmen klagten die lokalen indigenen Gemienderäte und der CRIC die Columna Dagoberto Ramos an, die Gewalt gegen die indigene Gemeinden des Cauca trotz verkündeter Waffenruhe und laufender Friedensverhandlungen mit der kolumbianischen Regierung seit Monaten fortzuführen und keinen Willen zum Frieden zu zeigen. Die Angriffe gegen unbewaffnete Gemeindemitglieder seien feige und ein Verbrechen gegen die Menschheit.

Als Reaktion auf den Angriff in Toribío beendete die kolumbianische Regierung unter dem linken Präsidenten Gustavo Petro im Cauca und in den benachbarten Departamentos die Waffenruhe mit der Columna Dagoberto Ramos und dem Estado Mayor Central, eine Vernetzung von bewaffneten Gruppen, von der die Columna ein Teil ist.

Bitte beachtet unseren Spendenaufruf für Toribío.

 
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